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Dienstag, 22. Februar 2011

Die Wahrheit

Heute war ein Maler bei uns im Haus. Nachdem er beiläufig hörte, dass ich Geschichte studiert hätte, kamen wir hierüber ins Gespräch. Schließlich lenkte er die Unterhaltung jedoch zum Thema Religion und Glauben. Nun läuteten bei mir alle Alarmglocken. Sehr schnell wurde aus dem Gespräch ein Monolog, und ich vernahm nur noch Satzfetzen wie "Jesus", "Liebe", "Wahrheit", "sehr wichtig" und "Errettung Ihrer Familie." Ich schaute ihn dabei ausdruckslos an und lächelte ihm hin und wieder zu. Es ist ja nicht so, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben auf einen "Erleuchteten" getroffen wäre. Als er seinen Redeschwall beendet hatte, widmete er sich wieder seiner Arbeit zu. Zudem war er später noch so freundlich, mir ein "Neues Testament" in Kleinformat zu "schenken".

Ich finde solche Menschen befremdlich. Sie glauben, DIE Wahrheit zu kennen und aktiv andere Menschen zu dieser bekehren zu müssen. Dabei gibt es DIE Wahrheit, die das Leben in seiner Gänze erklärt, nicht. Es ist nur eine individuelle Wahrheit. Jeder Mensch hat seine eigene Wahrheit, nach der er sein Leben ausrichtet. Diese Wahrheit setzt sich aus den unterschiedlichsten Faktoren zusammen: Sozialisation, Bildung, soziales und kulturelles Umfeld, Erfahrungen usw. Während unseres Gesprächs waren wir überein gekommen, dass in der Menschheitsgeschichte das Streben nach Macht und Reichtum viel Leid über die Menschen gebracht hätte. Dies könnte man auch ergänzen. Ebenso haben "Erleuchtete", die glauben, DIE Wahrheit zu kennen und sie anderen oktroyieren zu müssen, in der Geschichte Leid über andere Menschen gebracht.

Bleibt noch zu erwähnen, dass der Maler ausgezeichnete Arbeit geleistet hat und der Raum viel schöner als vorher aussieht.

1 Kommentar:

  1. Dann hättest du als deutscher Bürger das kulturelle Gegenstück zu dem kleinen Büchlein anbieten können, nähmlich "Nichts als die Wahrheit" von Dieter Bohlen :-D

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