Als ich heute Morgen meinen Sohn zur Schule brachte, wurden wir mit einem freundlichen "Guten Morgen" begrüßt. Das ist zunächst nicht ungewöhnlich, da man sich auch im Elsass einen guten Morgen wünscht. Allerdings nicht immer, so wie in diesem Fall, auf Deutsch. Mein Sohn besucht eine zweisprachige Klasse. Montags halten die Lehrer den Unterricht komplett auf Französisch ab, dienstags auf Deutsch. Am Mittwoch haben die Kinder frei. Der Donnerstag ist dann wieder ein "französischer Tag", während am Freitag abermals deutsch gesprochen wird.
In nahezu jedem kleineren und größeren Ort im elsässichen Grenzgebiet gibt es mittlerweile solche bilingualen Klassen. Das Angebot wird von den Eltern bzw. deren Kindern sehr gut angenommen. Die Klassen sind stark frequentiert. Sicherlich ist dieses Modell auch für andere europäische Grenzregionen empfehlenswert. Zum einen hilft es, im wahrsten Sinne des Wortes den Anderen zu verstehen. Zudem dient die Zweisprachigkeit dem kulturellen und wirtschaftlichen Austausch zwischen europäischen Nachbarn.
Ich meine, so lange wie der Elsass deutsch war, ist das ja eigentlich fast schon normal. Ebenso wird in der deutsch-dänischen Grenzregion ja auf beiden Seiten der Grenze viel die Sprache der anderen Seite gelehrt/gesprochen. Obwohl die Ausbreitung der dänischen Sprache an deutschen Schulen sicher noch ausbaufähig ist (andererseits ist dänisch auch keine Weltsprache wie deutsch oder französisch ...)
AntwortenLöschenEs ist höchst erfreulich, dass das Elsass auch einmal von der Sonnenseite her erblickt wird. Die Schattenseite wird zum Beispiel auf folgender Seite erwogen:
AntwortenLöschenhttp://www.baden-online.de/news/artikel.phtml?page_id=70&db=news_lokales&table=artikel_kehl&id=6561
Im Vergleich zu Nord- und Südschleswig wäre folgendes zu bemerken: durch die Rheingrenze wurde ein einheitliches Sprachgebiet entzweit, was erwartungsgemäss zu einer allmäligen sprachlicher Spaltung führte, die zwischen 1970 und 1980 besonders spürbar wurde.
Durch den Zweisprachigen Unterricht wird eine Rückgewinnung der Heimatsprache (Dialekt und Schriftsprache)angestrebt, wobei die französische Staatssprache keineswegs zu kurz kommen soll: Minderheitenrecht, verbunden mit Weltoffenheit nach beiden Richtungen.
Von einer Verallgemeinerung des Zweisprachigen Unterrichts im Elsass (wie auch in Deutschlothringen) sind wir jedoch weit enfernt, weil das im Gegensatz zu der Assimilierungspolitik des französischen Staates stehen würde.
Deshalb ist alles willkomen, was den Geistern zu einer "décrispation" (meine deutsche Gehirnseite makt foftein) verhelfen kann. So würde ich auch Ihren Beitrag einschätzen.
Mit freundlichen Grüssen,
BD
Anders gesagt: Begrüssenswert ist alles, was zur allmählichen Entkrampfung der Geister beitragen kann.
AntwortenLöschenBD.
Lieber Bernard,
AntwortenLöschenherzlichen Dank für Ihre Kommentare. Sie haben sicherlich Recht. Die Rückbesinnung auf das Elsässische sowie der Ausbau des bilingualen Unterrichts sind eine relativ neue Entwicklung, die im Gegensatz zur französischen Sprachpolitik der Nachkriegszeit steht.
Mir ist beispielsweise aufgefallen, dass bei älteren Elsässern teilweise Hemmungen bestehen, mit unbekannten Personen Deutsch zu sprechen. Wenn sie dann jedoch merken, dass ich Deutscher bin, scheinen sie regelrecht froh zu sein, sich auf Deutsch unterhalten zu können. Auf mich wirkt es so, als ob es in der Vergangenheit nicht gut angesehen worden ist, Elsässisch bzw. Deutsch zu sprechen. Ich habe in diesem Zusammenhang beispielsweise von Schülern gehört, die in der Nachkriegszeit von Lehrern bestraft worden sind, wenn sie Elsässisch oder Deutsch sprachen.
Ich höffe aber, dass die Entkrampfung, von der sie sprachen, weiter voranschreitet. Denn meiner Meinung nach hat das Elsass gerade aufgrund seiner wechselhaften Geschichte und seiner reichhaltigen Kultur im Herzen Europas beste Voraussetzungen für die Zukunft.
Lieber Flensburger,
AntwortenLöschenEs wurde wiederholt festgestellt, dass die Elsässer auf Französisch antworten, wenn sie auf Schriftdeutsch angesprochen werden, hingegen auf Deutsch, wenn sie auf deutsch betontem Französisch angesprochen werden.
Nach 1945 hat sich leider eine grössere Distanzierung vom allgemeinen Deutschtum aus leicht verständlichen Gründen durchgesetzt.
Im Schulunterricht wurde Deutsch ("la langue des cheminées d'Auschwitz") unsinnigerweise nur noch als Fremdsprache behandelt, während die alemannischen und fränkischen Mundarten als auszurottendes Kauderwelsch bewertet wurden, das nur weitläufig mit den germanischen Sprachen verwandt war. Demnach sollten sie sogar beim erlernen des "guten" Deutschen hinderlich sein.
Wie gesagt wurden die Schulkinder und sogar das Lehrpersonal bei vorschriftswidrigem verhalten allerhand Schikanen ausgesetzt. Nach und nach stellt sich jedoch heraus, dass der Verlust der deutschen Sprache auf dem Arbeitsmarkt höchst nachteilige Folgen hat.
Einigen mutigen Vorkämpfern ist es gelungen, trotz eines zermürbenden Nervenkrieges einen vollkommen zweisprachigen Unterricht in mehreren Staatsschulen durchzusetzen. Es bestehen zur Zeit sogar 10 zweisprachige Privatschulen (ABCM). Das haben Sie selbst festellen können.
Eine Verallgemeinerung dieser Unterrichtsform steht jedoch auf Grund unserer zentralistischen Staatsordnung nicht in Aussicht, so dass ein weiterer Rückgang des Deutschen zu erwarten ist.
Mit freundlichen Grüssen,
BD
"Anonym" aus technischen Gründen