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Samstag, 9. März 2013

Familienpolitik in Frankreich und Deutschland

In Deutschland steht seit Monaten immer wieder die Familienpolitik im öffentlichen Fokus. Als Auslandsdeutscher und Vater verfolge ich diese Diskussionen mit Interesse, da für uns damals bei der Entscheidung pro Frankreich die französische Familienpolitik ein wichtiger Aspekt war.

Den Unterschied zu Deutschland merkten wir schon recht früh. So war es beispielsweise überhaupt kein Problem, für unsere Tochter einen Kinderkrippenplatz zu bekommen. Im Gegenteil wunderte sich die verantwortliche Dame über unsere frühe Anmeldung (wir waren die ersten). Das kannten wir aus Deutschland ganz anders.

Ein weiterer Unterschied sind die moderaten und fair gestalteten Preise. Diese richten sich nach dem jeweiligen Einkommen der Eltern (wobei es nach oben ein Limit gibt). Vor allem Alleinerziehenden eröffnet dieses System Lebenschancen. Außer den Kinderkrippen gibt es zahlreiche Tagesmütter. Das sind meistens Mütter, die neben ihrem(n) eigenen Kind(ern) tagsüber noch ein weiteres betreuen.

Die Kinderkrippe ist ebenso wie die Ecole Maternelle (Mischung aus Kindergarten und Schule) freiwillig. Mit ca. drei Jahren kommen die Kinder in die Ecole Maternelle. Diese findet von acht bis sechzehn Uhr statt und wird durch eine zweistündige Mittagspause unterbrochen. Mittwochs ist schulfrei. Berufstätige Eltern können ihre Kinder an diesen Tagen sowie mittags und nach sechszehn Uhr betreuen lassen.

Gleiches gilt für die Ecole Primaire (Grundschule), die mit fünf bzw. sechs Jahren beginnt. In zahlreichen Schulen im Elsass ist es zudem mittlerweile möglich, seine Kinder für den bilingualen (Deutsch-Französisch) Unterricht anzumelden. Dass dieses Angebot so gut angenommen wird, dürfte vor allem berufliche/wirtschaftliche Gründe haben (Nachbarregionen Baden und Basel). Auch das Niveau der Betreuung und des Schulunterrichts stimmt, soweit ich das in den letzten Jahren beurteilen konnte.

Neben dem Betreuungs-und Schulsystem ist Frankreich dem Nachbarland noch in einem weiteren Punkt voraus. Bei der Steuer wird nicht die Ehe, sondern die Familie gefördert. Dafür gibt es weniger Kindergeld...und das auch nur ab dem zweiten Kind. Letztendlich werden Familien aber finanziell mehr entlastet als in Deutschland.

Sicher, das alles kostet Geld. Doch davon profitieren sowohl der Staat als auch die betroffenen Eltern. Das sind oftmals Angehörige der Mittelschicht, die Zeit und Geld in eine gute Ausbildung gesteckt haben und dank dieser Familienpolitik weiter ihren Beruf ausüben können. In Deutschland werden solche Menschen gerne als "Rabeneltern" bezeichnet.

Vielleicht sollte man aber auch dort mehr Möglichkeiten und Räume anbieten, um eine Familie zu gründen. Dann müssten sich Menschen nicht mehr zwischen Familie und Beruf entscheiden, sondern könnten wie in Frankreich beides kombinieren. Und vielleicht würden sich dann  in Deutschland wieder mehr Menschen für Kinder entscheiden.


Zum Abschluss noch ein Zahlenvergleich.

Kinder im Jahr 2010 pro Frau in:

  • Frankreich: 2,03
  • Deutschland: 1,39