Wenn man hier in Frankreich den Wahlkampf verfolgt, dann sieht man im Fernsehen sehr viele Veranstaltungen mit fahnenschwenkenden euphorischen Menschen. Die Tricolore ist allgegenwärtig. Auf Wahlplakaten wirbt etwa Präsident Sarkozy für ein "starkes Frankreich", während über dem Porträt von Marine le Pen (Front National) ein: "QUI! La France" zu lesen ist. Angesichts der krisenhaften Zeiten spielen viele französische Parteien - egal welcher Couleur - die nationalistische Karte. Gerne wird die "Diktatur aus Brüssel" angeprangert. Oder eine Reduzierung des "Immigrantenstroms" nach Frankreich gefordert.
In dieser Situation fordert Sarkozy nun eine Wiedereinführung von Grenzkontrollen in EU-Ländern und bekommt dabei überraschenderweise Rückendeckung aus Deutschland. Von jener Bundesregierung, die Dänemarks Grenzkontrollen im Sommer 2011 noch kritisiert hatte. Aus Berlin heißt es dazu, man wolle den nationalen Regierungen und nicht Brüssel die Entscheidung bezüglich möglicher Grenzkontrollen überlassen.
Nachdem der Euro bereits einige Kratzer abbekommen hat, wäre eine Einschränkung der Freizügigkeit ein weiterer Rückschlag für Europa. Das Schengener Abkommen stellt eine der größten Errungenschaften der Europäischen Union dar und steht wie kaum etwas anderes für die europäische Einheit. Für Bürger der EU ist ganz Europa Inland. Wenn ich über den Rhein nach Deutschland fahre, merke ich nur an den Verkehrsschildern, dass ich mich nun in einem anderen Mitgliedsstaat befinde. Die Gebäude des hiesigen Grenzübergangs sind fast alle abgerissen worden. Wo man früher mit Tempo 30 an einem Grenzhäuschen vorbeituckerte, düst man heute auf einem gut ausgebauten Autobahnabschnitt mit Tempo 110 km/h entlang. Das ist nicht nur praktisch. Wenn jede Woche Tausende Franzosen und Deutsche im Nachbarland zum Einkauf oder zur Arbeit fahren, überqueren sie keine Grenze. Es gibt keine Grenzen zwischen den Ländern und keine Grenze im Kopf. Wenn sie dann noch mit der eigenen Währung, sprich dem Euro, auch im Nachbarland einkaufen können, ist die psychologische Wirkung nicht zu unterschätzen.
Ja, Europa ist Binnenland. Aber einige Politiker scheinen keine "Europäer" zu sein. Vielleicht wird momentan aber angesichts des französischen Wahlkampfs auch nur die populistische Schiene gefahren und der deutsche Beitrag ist in diesem Zusammenhang lediglich als Wahlkampfhilfe zu verstehen.
Dieser Blog richtet sich an (Wahl-) Elsässer, Elsass-Reisende und alle sonstigen Elsass-Interessierten. Mein Ziel ist es, die Besonderheit dieser Region darzustellen und von meinen persönlichen Erfahrungen zu berichten.
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Freitag, 20. April 2012
Freitag, 13. April 2012
Écomusée d’Alsace - ein lebendiges Museumsdorf
Den Reiz an einem Besuch im Écomusée macht vor allem die Lebendigkeit des Museums aus. Dorfbewohner gehen ihrem Tagwerk nach und erlauben einen Einblick in den damaligen Alltag. So kann man beispielweise den Bewohnern in der Schmiede, der Schnapsbrennerei (mit Verköstigung), der Töpferei, der Küche oder auf dem Bauernhof bei der Arbeit über die Schulter schauen. Zudem geben sie dem Besucher fachkundige Erklärungen (auf Französisch). Hierbei sollte man sich nicht scheuen, die Museumsmitarbeiter auch einfach einmal auf Deutsch anzusprechen. Die meisten von ihnen sind ältere Elsässer, die sehr gut Deutsch sprechen und gerne auf individuelle Fragen eingehen.
Wer während des Besuchs seinen Blick nach oben richtet, wird weitere Dorfbewohner entdecken. Allerdings handelt es sich bei diesen schwarz-weiß gefiederten Freunden nicht um Angehörige der Gattung Homo sapiens, sondern um Störche. Nahezu auf jedem Gebäude befindet sich ein Nest von Meister Adebar.
Den Blick sollte man gleichwohl nicht nur nach oben, sondern auch in die einzelnen Gebäude richten. Nahezu jedes Haus ist begehbar und authentisch im damaligen Stil eingerichtet. Wenn man sich in den kärglich eingerichteten Zimmern befindet, dann verschwindet jegliche Romantik und man ist heilfroh über seine eigenen vier Wände mit einer funktionierenden Heizung. Wer mehr über das jeweilige Gebäude erfahren möchte, der nutzt die davorstehende Infotafel mit integrierten Audio-Erklärungen (Französisch, Deutsch, Englisch).
Da der Museumsbesuch Kopf und Beine in Anspruch nimmt, bieten ein kleiner Sommergarten mit Bistro sowie ein Restaurant die Möglichkeit zur Regeneration. Die jüngsten Besucher freuen sich außerdem über die Fahrt in einem Karussell.
Alles in allem lässt sich festhalten, dass ein Besuch im Écomusée d’Alsace eine eindeutige Empfehlung ist. Wenn Familienmitglieder oder Freunde bei uns für ein paar Tage zu Gast sind, dann zeigen wir ihnen stets das Museumsdorf bei Ungersheim. Selbst nach mehreren Besuchen gibt es immer wieder etwas Neues zu entdecken. Ein Grund hierfür ist unter anderem das ständig wechselnde Programm, das abhängig von der Jahreszeit spezielle Veranstaltungen bietet. Aber selbst für einen ruhigen Sonntagsspaziergang ist das Écomusée die richtige Adresse.
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