Der Besuch des Mont Sainte-Odile (deutsch: Odilienberg) begann zunächst mit einem kleinen Schrecken. Ich hatte gerade mein Auto verschlossen und machte mich auf den Weg zur bedeutendsten Wallfahrtsstätte des Elsass, als ich plötzlich einen Geländewagen einen Hang herunterfahren sah. Das wäre nicht weiter verwunderlich. Dafür sind Geländewagen schließlich da. Allerdings fuhr dieser zum einen mit hoher Geschwindigkeit und zum anderen rückwärts.
Nach wenigen Sekunden krachte es schließlich, als das Fahrzeug in zwei parkende Autos fuhr. Ich rechnete schon mit dem Schlimmsten und lief zum Unfallfahrzeug. Glücklicherweise befanden sich jedoch keine Personen in den Wagen. Lediglich Blechschäden waren zu vermelden. Als mahnendes Beispiel dient der Vorfall aber allemal: Auf den abschüssigen Parkplätzen am Odilienberg sollte man unbedingt die Handbremse seines Fahrzeugs anziehen!
Der weitere Besuch der äußerst sehenswerten Klosteranlage gestaltete sich dann erheblich ereignisärmer. Der Ort strahlt trotz des Besucheraufkommens eine wohltuende Ruhe aus. Bemerkenswert fand ich insbesondere die kleinen Kapellen mit ihren Wandmalereien sowie eine von den Nonnen erbaute Sonnenuhr. Gegründet wurde das Kloster im 7.Jahrhundert vom elsässischen Herzog Attich. Dieser überließ es seiner Tochter Odilia, die zugleich die erste Äbtissin war. Odilia war als Kind blind zur Welt gekommen. Der Legende nach wurde sie jedoch durch die Taufe sehend. Heute wird die heilige Odilia deshalb als Schutzpatronin des Elsass und des Augenlichts verehrt.
Bekanntheit erlangte das Kloster zudem durch das Hortus Deliciarum (deutsch: Garten der Köstlichkeiten), der ersten nachweislich durch eine Frau verfassten Enzyklopädie. Das mit zahlreichen Miniaturen geschmückte Werk enthielt u.a. Gedichte und theologisches Wissen. Während des Deutsch-Französischen Krieges wurde es im Jahr 1870 bei der Belagerung von Straßburg zerstört, so dass heute nur noch Abschriften des Hortus Deliciarum existieren.
Neben der Klosteranlage, die im Übrigen früher den Namen Hohenburg trug, gibt es auf dem Odilienberg mehrere Burgruinen zu entdecken. Darüber hinaus umzieht die rund 10 Kilometer lange sogenannte
Heidenmauer den Odilienberg. Die Mauer gibt der Wissenschaft bis heute Rätsel auf. Ursprünglich hielt man sie für einen Ringwall einer keltischen Fliehburg. Neuere Untersuchungen datieren sie jedoch in das späte 7. bzw. frühe 8. Jahrhundert.